Die Megarrumba
- Rouven Born
- 18. Dez. 2023
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 5. Aug. 2024
In Venezuela, einem Land der krassen Gegensätze, gibt es neben viel Armut auch eine Schicht von Superreichen. Diese High Society liebt es, mit pompösen "Megarrumbas" zu prahlen. Bei einem solchen Event kam es jedoch zu einer skurrilen Wendung, die das rücksichtslose Verhalten einiger regierungsnaher Bürger offenbarte.
Samstag, 5. Februar 2022, Nationalpark Canaima.
Stellen Sie sich Canaima vor, ein atemberaubendes UNESCO-Weltnaturerbe im Süden Venezuelas, das wie eine perfekte Kulisse für einen Westernfilm wirkt. Dort findet man La Gran Sabana, ein Hochplateau mit uralten Wäldern, kargen Landschaften und markanten Bergen. Ein Highlight ist der Salto Ángel, der höchste Wasserfall der Welt.
Der Kusari Tepuy im Hintergrund. (Foto: Rouven Born)
Dieses abgelegene Paradies ist nur per Flugzeug erreichbar, wobei die Landebahn praktischerweise neben einem Hotel liegt, das von Freunden der Regierung geführt wird.
Rafael Oliveros, von aussen ein bescheidener Mann mit einer rauen Stimme, entschied, seinen 50. Geburtstag genau dort zu feiern. Als ehemaliger Innenarchitekt und jetziger Tourismusmogul, berühmt für seine Fähigkeit, extravagante Partys an ungewöhnlichen Orten zu schmeissen, wählte er den heiligen Berg Kusari Tepuy für seine Feier aus. Zu diesem exklusiven Event wurden etwa 30 Gäste eingeladen, darunter Finanzgurus, Geschäftsleute und sogar eine Journalistin. Meistens Leute, die der Regierung nahe stehen, oder gar in der Regierung sind.
Die Party selbst war ein Meisterwerk der Organisation. Der heilige Berg im Naturreservat wurde auserkoren, und um den unwegsamen Ort partytauglich zu machen, schüttete man kurzerhand Sand auf. Die Gäste, gekleidet in Smokings und Abendkleider, wurden in mehreren Helikopterflügen zum Berg transportiert, was pro Person ca. 2000 Dollar kostete.
Hielt sich nicht an die Kleiderordnung:
Osmel Souza, ehemaliger Präsident der "Miss Venezuela Organization"
postet die aussergewöhnliche Reise auf Instagram
Beim Dinner gab es Champagner, Fondue und Gulaschsuppe – wobei das Fondue in der kühlen Nacht zu einem etwas klumpigen Vergnügen wurde, schrieb eine Partybesucherin auf Instagram. Übernachtet wurde stilvoll in Zelten.
Und wie es sich für eine Party mit Influencern gehört, dauerte es nicht lange, bis die ersten Selfies und Gruppenfotos in den sozialen Medien auftauchten.
Die Umweltorganisation SOS Orinoco kritisierte das Fest prompt auf Twitter als respektlos gegenüber der Natur.
Dann wurden Medien auf den Fall aufmerksam, die Fotos gingen viral:
Eine Auswahl aus spanischsprachigen Onlinezeitungen.
Bei Tag sah das mit Sand aufgeschüttete Lager so aus:

SOS Orinoco schreibt:
"Ein derartiger Vorfall (...) ist nicht nur ein Verstoss gegen die Rechtsstaatlichkeit, sondern auch ein Affront und ein Schlag ins Gesicht der Würde und der Ehre des gesamten venezolanischen Volkes, insbesondere in einem so tragischen Zeitpunkt für das Land, das sich inmitten einer komplexen humanitären Krise befindet, die von allen internationalen Organisationen anerkannt wird."
So zeigt dieser Vorfall nicht nur die Extravaganz einiger reicher Venezolaner, sondern auch, wie wenig manche Menschen Rücksicht auf die Umwelt nehmen, selbst in einem so geschützten und heiligen Ort wie Canaima.
Der Regierung ist das offensichtlich peinlich. Anfangs wurde der Vorfall noch heruntergespielt. Da sich aber immer mehr internationale Zeitungsblätter für den Fall interessierten, will nun die Staatsanwaltschaft den Vorfall untersuchen.
Man könnte meinen, dass der Staat zwar vorgibt, den Vorfall zu untersuchen, um ihn dann ins Leere laufen zu lassen. Muss es aber nicht: Da sich der Staat immer wieder mit dem UNESCO-Label rühmt, könnte der Vorfall tatsächlich zu einer Verurteilung führen.
Die Naturschutzorganisationen prangern immer wieder an, dass im Nationalpark illegale Goldminen betrieben werden - auch im Auftrag des Staates. So könnte eine Verurteilung von der tatsächlichen Problematik ablenken.
Dass es nun zur Verurteilung kommt, scheint wenig plausibel. Der Fall ist bereits über ein Jahr alt, passiert ist noch nichts. (Stand 2024: Der Fall wurde bis jetzt noch nicht beurteilt)
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